Claus Sauter
NO. 1 | November 2016
3 MIN

Co-HVO: Das bringt mich auf die Palme!

Ist der Ruf erst ruiniert, wächst es sich ganz ungeniert: Gut vier Monate nachdem der WWF in seiner Studie "Auf der Ölspur" (1) vor den verheerenden Folgen der Palmöl-Produktion gewarnt hat, steht uns eine Gesetzesänderung des Bundesumweltministeriums pro Palmöl bevor. Sie haben richtig gelesen: Pro Palmöl!


Seit Jahren protestieren Umweltschützer, Bürger und auch Politiker zu Recht gegen das ungeliebte Palmöl, Brandrodung, Menschenrechtsverletzungen und die Bedrohung ganzer Tierarten in den tropischen Regenwäldern sind kein akzeptabler Preis für ein Pflanzenöl. Die günstige Palmölproduktion zeigt sich davon unbeeindruckt und steigt seit Jahrzehnten unbeirrt jährlich um etwa 7 %. Mehr als 17 Millionen Hektar werden derzeit für den Anbau genutzt und nehmen Orang Utan & Co so ihren natürlichen Lebensraum. Deutschland bringt sich jährlich mit einem Verbrauch von 1,8 Millionen Tonnen Palmöl in die globale Artenvernichtung ein. Dieser Beitrag soll nach dem Willen der Bundesregierung nun offensichtlich nochmals steigen.

Denn der aktuelle Entwurf zur 37. Verordnung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) forciert die Verwendung von mitverarbeiteten biogenen Ölen, auch Co-HVO genannt, durch Anrechnung auf die Treibhausgasreduktionsquote (THG-Quote). Dabei werden die biogenen Öle in den Mineralölraffinerien zusammen mit dem fossilen Rohöl verarbeitet, also co-raffiniert. Aus technischen sowie ökonomischen Gründen kommt hierfür auf absehbare Zeit nur Palmöl in Frage. Das umweltschädliche Palmöl soll also in den Diesel gemischt werden und damit zum Umweltschutz beitragen, während gleichzeitig weniger Biodiesel aus heimischem Raps eingesetzt wird - Palm statt Rapsöl - das ist aus meiner Sicht reiner Hohn.

Bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich durch den Einsatz von Biokraftstoff um
6 % reduziert werden. Das kann auch umweltfreundlich erreicht werden. Deutscher Biodiesel kann aus deutschem Rapsöl erzeugt werden. Das verbessert die CO2-Bilanz und stärkt außerdem die einheimische Landwirtschaft.

Das Image von Biodiesel leidet seit Jahren unter den katastrophalen Auswirkungen der wachsenden Palmölproduktion in Asien. Dabei setzt die deutsche Biodieselindustrie zu mehr als 90 % Rapsöl als Rohstoff ein. Wir brauchen kein Palmöl. Wenn die Bundesregierung konsequent wäre, würde sie Palmöl zur Biodieselproduktion gänzlich verbieten. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Mit dem aktuellen Gesetzentwurf schadet das Bundesumweltministerium dem Klima, den Orang Utans und der deutschen Landwirtschaft.

Was wir brauchen ist eine eigene Quote für fortschrittliche Biokraftstoffe der zweiten Generation, die aus Reststoffen, wie Stroh, Altfetten oder Klärschlamm hergestellt werden. Solche Technologien und Anlagen gibt es bereits in Deutschland. 8 bis 13 Millionen Tonnen Stroh verbleiben jedes Jahr ungenutzt auf den deutschen Getreidefeldern - damit können gut 5 Millionen PKW Jahr für Jahr CO2-neutral fahren (2) - genau wie ein Elektroauto, was mit 100 % Strom aus regenerativen Quellen angetrieben wird.

Wir brauchen kein Co-HVO, um die gesteckten CO2-Einsparungsziele zu erreichen. Wir brauchen lediglich ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zu fortschrittlichen Biokraftstoffen der zweiten Generation. Statt Brandrodungen in den Tropen sollte die Bundesregierung regionale Wertschöpfung der einheimischen Landwirtschaft und des deutschen innovativen Mittelstands fördern. Statt auf Co-HVO aus Palmöl auf hocheffiziente Biokraftstoffe aus Reststoffen setzen.

Deshalb setze ich mich für ein sofortiges Abrücken von Co-HVO und gegen diesen Raub an den Ressourcen der Menschheit ein.

Claus Sauter

Gründer & Vorstandsvorsitzender Verbio SE und BioEnergie Experte

(1) Herausgeber: WWF Deutschland, Juli 2016
(2) Herausgeber: DBFZ, 2011



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